Panische Angst steigt in mir hoch
und scheinbar erfolglos kämpfe ich gegen sie an.
All meine Sinne sind geschärft
und in Alarmbereitschaft. Die Angst wird durch den animalischen Geruch, der mir
in die Nase steigt und sich seinen Weg erfolgreich bis in meinen Magen sucht, nur
noch verstärkt.
Das überaus bedrohliche Schnauben
verursacht Gänsehaut am ganzen Körper, jedes meiner Haare ist aufgestellt und wie
Fühler sucht jedes Einzelne davon nach einem Ausweg. Doch für ein Weglaufen ist
es schon zu spät. Meine Beine wollen oder können sich nicht mehr in Bewegung
setzen.
Der warme Atem bläst mir in
schnellen Stößen entgegen, kommt immer näher. So nah, dass meine Augen blinzeln
müssen. Schnell schließe ich sie, als ob ich damit die Gefahr bannen könnte.
Die Sekunden werden immer
langsamer, wie, wenn sie sich durch Schlamm kämpfen. Mein Herz dagegen rast so
schnell, dass es in meinen Ohren zu rauschen beginnt - bis … ja, bis die Welt auf
einmal stehen zu bleiben scheint.
Das Schnauben wird ruhiger, und
obwohl so nah an meinem Gesicht, komischerweise leiser. Der Atem, vorher wie
suchend immer näher kommend, bleibt vor meinem Gesicht stehen und nun scheint es
tatsächlich so, als streichele er meine Wangen.
Mutig, gepaart mit etwas Neugier
auf das, was nun passieren wird, öffne ich einen Spalt weit mein Auge und
entdecke etwas, was ich zu vor noch nie gesehen habe. Ich blicke in ein
schwarzes, tiefes Dunkel hinein. Zuerst erkenne ich nur kleine weiße,
wunderschöne Sterne. Das Tageslicht scheint sich genau wie ich in dem glasigen Dunkel
verfangen zu haben.
Paradox ist, dass mir diese tiefe
Finsternis, in die ich blicke, ein Gefühl von riesiger Weite vermittelt. Und
dann entdecke ich mich im Spiegelbild. Ich schaue, in einer schwarzen Glaskugel
gefangen, auf mich selbst und spüre, dass ich keine Angst zu haben brauche. In
dieser Kugel scheine ich mich geborgen und sicher zu fühlen, aufgehoben und
beschützt.
Noch nie zu vor hat
wahrscheinlich eine Glaskugel so viel wahrgesagt über mich wie in diesem Moment jene Schwarze. Ich sehe, wie man Angst überwinden kann. Ich sehe, wie ich für einen
Augenblick das Leben in mir und um mich herum spüre. Ich vertraue und
gleichzeitig verstehe ich, dass Schwarz nicht immer düster ist und Dunkelheit
nicht immer Leere bedeutet. Und überhaupt, und vor allem … ICH SEHE MICH.
Wohlige Wärme strömt durch meinen
Körper bei dem Anblick meiner Selbst, so aufgehoben in diesem schwarzen Glas.
…
Ach ja, falls es jemand wissen
möchte, meine Urlaubsbekanntschaft heißt Max. Von diesem Moment an habe ich ihn
jeden Tag besucht, meine Hand an seinen Hals gelegt und ihm dabei tief in die
Augen geschaut.